Seit drei Jahren tagt die AG Konzeptverfahren des Runden Tisches, zunächst zur Vorbereitung der Werkstatt Konzeptverfahren, anschließend um die Ergebnisse nachzuhalten. Jetzt scheint die Umsetzung zweier zentraler Forderungen der Werkstatt in greifbare Nähe gerückt zu sein.
von Dr. Martin Schwegmann

Die Werkstatt Konzeptverfahren 2019
Konzeptverfahren – Schlüsselinstrument einer nachhaltigen und transparenten Liegenschaftspolitik
Die Verteilung in Bezug auf den Besitz und den Umgang mit dem Boden und den darauf stehenden Häusern, insbesondere mit den öffentlichen Grundstücken und Gebäuden (Liegenschaften), entscheidet maßgeblich über die Möglichkeiten sowohl Bodenwerte wie auch Stadtentwicklungsziele zu gestalten und umzusetzen. Nur wer über Boden verfügt, kann über dessen Preis und innerhalb des rechtlichen Rahmens über dessen Nutzung bestimmen.
Inzwischen haben sich Erbbaurechte und Vergaben im Erbbaurecht in besonderer Weise als Instrumente gegen Spekulation und die Kapitalisierung von Boden herauskristallisiert und ermöglichen gleichzeitig Vorgaben in Bezug auf Nutzungen und Ausnutzung einzubringen. Doch auch ein Erbbaurecht kann intransparent, hinter verschlossenen Türen und ohne große Öffentlichkeit vergeben werden.
Hier kommt das Instrument der Vergabe im Konzeptverfahren ins Spiel. Konzeptverfahren bieten die Möglichkeit, Vergaben öffentlich, transparent und nach klar definierten Regeln umzusetzen. Der Runde Tisch Liegenschaftspolitik setzt sich daher seit Jahren für die Entwicklung modellhafter Konzeptverfahren ein, die niedrigschwellige Zugänge bei größtmöglicher Transparenz ermöglichen.
Abbildungen: Auszug aus dem Forderungskatalog der Werkstatt Konzeptverfahren. Zur Werkstatt: https://konzeptverfahren.berlin.de
Die AG Konzeptverfahren verfolgt derzeit im Wesentlichen zwei Hauptforderungen der Werkstatt Konzeptverfahren und flankiert deren Umsetzung: Die Schaffung einer unabhängigen Informations- und Koordinierungsstelle Konzeptverfahren und eines zivilgesellschaftlichen Beirats für den Steuerungsausschuss Konzeptverfahren.
Dranbleiben: Von der Werkstatt Konzeptverfahren bis zur Umsetzung zweier Forderungen
Die AG Konzeptverfahren und die Werkstatt Konzeptverfahren
Zur Vorbereitung, Konzeption und Umsetzung der Werkstatt Konzeptverfahren (Link: https://konzeptverfahren.berlin), die Anfang 2019 stattfand, wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Diese Arbeitsgruppe arbeitet seither an der Weiterentwicklung und Umsetzung der Forderungen aus der Werkstatt.
Die AG Konzeptverfahren besteht aus Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und Expert*innen sowie Vertreter*innen der Verwaltung und landeseigener Gesellschaften. Konkret sind das die Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin), Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (SenSW), die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Darüber hinaus Vertreter*innen der Initiative StadtNeudenken, anfangs noch die Stiftung Zukunft Berlin, von Anfang an das Bündnis Junge Genossenschaften, Media Spree Versenken, ebenfalls von Anfang an dabei sind Expert*innen aus dem Bereich Stadtentwicklung und darüberhinaus Gäste für das Mietshäuser Syndikat, Netzwerk Immovilien, der Genossenschaftsbeauftragte für Berlin (Jochen Hucke) und Lokalbau. Flankiert wurden die bisher 14 Treffen von der Koordinierungsstelle Runder Tisch Liegenschaftspolitik. Koordiniert und moderiert wird die AG von Dr. Martin Schwegmann.
Aufgaben und Arbeitsmodus der AG Konzeptverfahren
Aufgabe der AG Konzeptverfahren war es zunächst, in einem multilateralen Prozess die Werkstatt Konzeptverfahren über Ziel, Umsetzung, Zusammensetzung und angestrebten Ergebnis umzusetzen. Darüber wurde auch die Dokumentation und die Erarbeitung des Forderungskatalogs der Werkstatt Konzeptverfahren 2019 begleitet. Arbeitsfähig war die AG in erster Linie, weil sie bis zur Werkstatt Konzeptverfahren substantiell von der Koordinierungsstelle des Runden Tisches Liegenschaftspolitik unterstützt wurde. Im Nachgang der Werkstatt, die durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen finanziert wurde, war es weitgehend dem ehrenamtlichen Engagement der Koordination überlassen, die AG am Leben zu erhalten.
Die AG traf sich nach der Werkstatt weiterhin, da sich aus den Erfahrungen mit der Werkstatt Erbbaurecht 2017 gezeigt hatte, dass es gerade im Nachgang zur Umsetzung eines Forderungskatalogs eine weitere Begleitung brauchte. Ohne eine weiterhin teils informell zusammenkommende Kooperations- und Arbeitsebene, war die Umsetzung der Forderungen zweifelhaft.
Die AG Konzeptverfahren verfolgt derzeit im Wesentlichen zwei Hauptforderungen der Werkstatt Konzeptverfahren und flankiert deren Umsetzung: Die Schaffung einer unabhängigen Informations- und Koordinierungsstelle Konzeptverfahren und eines zivilgesellschaftlichen Beirats für den Steuerungsausschuss Konzeptverfahren.
Exkurs: Faktoren erfolgreicher informeller Kooperation
Informelle Kooperationen, als solche lässt sich auch die Arbeit der AG Konzeptverfahren über eine lange Zeit kategorisieren, sind keine Selbstläufer. Der Erfolg und die Wirkmächtigkeit einer solchen Kooperation hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Im Rahmen der AG Konzeptverfahren lassen sich die Faktoren des Gelingens wie folgt zusammenfassen. Es zeigt sich, dass sich die teilnehmenden Personen durch ein spezifisches Set an Eigenschaften auszeichnen und auszeichnen sollten. Dieses Eigenschaftenset variiert zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren:
Auf der Seite der Verwaltung und der landeseignen Gesellschaften zeigt sich, dass die Fähigkeit der Teilnehmenden zum konstruktiven Einbringen in die Kooperation, eine Abhängigkeit zur Hierarchieebene der Teilnehmenden aufweist. Erst ab einer höheren Hierachieebene besitzen die Teilnehmenden eine gewisse Sprechfähigkeit und können somit Entscheidungen vorbereiten oder gar treffen. Die Kooperation kann dadurch über eine Erörterungs- auf eine Mitentscheidungsebene gehoben werden. Darüber hinaus ist die Zuständigkeit der staatlichen Teilnehmenden in Ihrem Apparat wichtige Grundvoraussetzung, um sich einbringen zu können. Fluktuation hat sich hierbei als Hemmnis herausgestellt.
Auf zivilgesellschaftlicher Seite zeichnen sich die Akteur*innen, die sich konstruktiv einbringen können, durch Sachverstand, Legitimation / Repräsentation Qua Zugehörigkeit zu einem Verbund oder einer Organisation aus.
Übergreifend für Akteurinnen aller Seiten zeigt sich, dass es einer positiven Grundhaltung zur Kooperation, nachhaltigen Engagements und eines gewissermaßen persönlichen Standings bedarf, um auf dieser Ebene konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Fast am Ziel: Die Umsetzung von zwei Forderungen der Werkstatt Konzeptverfahren nimmt Form an
Die Arbeit der AG Konzeptverfahren besteht im Nachgang der Werkstatt in der Flankierung der Umsetzung von wesentlichen Forderungen der Werkstatt Konzeptverfahren, insbesondere in
der Schaffung einer zentralen Informations- und Koordinierungsstelle für Konzeptverfahren als Teil der gesamtplanerischen und organisatorischen Rahmenbedingen des Verfahrens mit dem Ziel der Vereinfachung, der Erhöhung der Transparenz und der Erhöhung der Verbindlichkeit bei den Verfahren. Insbesondere die Ausrichtung und Funktionsweise wurden in der AG beraten.
der Einrichtung eines zivilgesellschaftlichen Beirats im Steuerungsausschuss (laut Forderungskatlog Werkstatt zunächst Portfolioausschuss) im Fokus. Diese Forderung wurde im Forderungskatalog der Werkstatt in der Kategorie politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingung aufgenommen, mit dem Ziel der Erhöhung der Transparenz. Im Rahmen der Arbeit in der AG hat sich darüber hinaus herausgestellt, dass es sich bei solch einem Beirat auch um ein wichtiges Vehikel des Wissenstransfers zwischen Auslober*innen und Bewerber*innen auf Konzeptverfahren handelt.
Eine zentrale Informations- und Koordinierungsstelle für Konzeptverfahren
(Zum aktuellen Stand der Informations- und Koordinierungsstelle berichtete Grit Schade, Leiterin der Wohnungsbauleitstelle aus der AG Konzeptverfahren am Runden Tisch Liegenschaftspolitik.)
Im Bereich der Wohnungsbaugrundstücke richten sich die Konzeptverfahren primär an Genossenschaften, genossenschaftlich organisierte Gruppen und soziale Träger*innen. Aktuell sind 19 Konzeptverfahren in die Ausschreibung gegangen. Sechs davon sind beurkundet, die anderen sind entweder schon ausgeschrieben oder befinden sich in der Vorbereitung der Ausschreibung. Diese 19 Verfahren sind lediglich die, die über die BIM laufen. Nicht vergessen werden dürfen die Konzeptverfahren, die bei den größeren Stadtquartiere in Vorbereitung sind, etwa bei dem Schuhmacher Quartier oder für das Stadtquartier Buch. Ein Konzeptverfahren bei den Buckower Feldern ist schon abgeschlossen worden. Konzeptverfahren sind damit bereits auf vielen Ebenen in der Anwendung. In der Reflexion dieser Verfahren wurde deutlich, dass es einen großen Unterstützungsbedarf für die potenziellen Bieter*innen vor, während und nach dem Vergabeverfahren gibt. Im Ergebnis dessen entstand dann der Entschluss, auch resultierend aus der Werkstatt Konzeptverfahren und vom Runder Tisch Liegenschaftspolitik eine Koordinierungs- und Informationsstelle für Konzeptverfahren einzurichten. Diese Koordinierungs- und Informationsstelle befindet sich aktuell in der Ausschreibung. Eine Vorlage für den Hauptausschuss wurde gefertigt und nach Beschluss startet die Ausschreibung. Ein Dienstleister, eine neutrale, unabhängige Einrichtung, die sich an Einzelpersonen, Gruppen oder auch Institutionen richtet, die Interesse an Konzeptverfahren haben. Diese Koordinierungsstelle bietet kostenfreie Informationen zu Konzeptverfahren des Landes Berlin an, sie informiert über die Anforderungen und den generellen Ablauf des Vergabeverfahrens. Das heißt, das Land Berlin bieten damit eine kostenfreie Beratung von der Erstellung des Angebots bis zum Vertragsabschluss. Sie soll zudem Netzwerk- und Kommunikationsarbeit leisten, in enger Kooperation mit den Fachverwaltungen, aber auch mit den Gremien, wie z.B. dem Runden Tisch Liegenschaftspolitik auf Basis der Reflexion und Dokumentation der Verfahren, die dort durchgeführt werden. Dem Erkenntnisgewinn soll sie zudem einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Konzepte leisten. Mit der Informations- und Koordinierungsstelle wird ein Instrument geschaffen, das einen wesentlichen Beitrag zum Thema Transparenz in Berlin leisten wird.
Mehr Gremientransparenz: Ein zivilgesellschaftlicher Beirat im Steuerungsausschuss
Die zweite Kernforderung aus der Werkstatt Konzeptverfahren war die Einrichtung eines zivilgesellschaftlichen Beirats im Steuerungsausschuss. Zur Umsetzung dieser Forderung hat die AG Konzeptverfahren zunächst unterschiedliche Parameter entwickelt, welche für die Funktionsweise eines Beirats ausschlaggebend sind.
Anhand von insgesamt 15 Parametern wurde sich an die Funktionsweise angenähert:

Unstrittig sind die Anzahl der Beiratsmitglieder, die Art der Benennung derselben, die Zusammensetzung des Beirats, die Teilnahme der Beiratsvertreter an nicht vertraulichen Tagesordnungspunkten des Steuerungsausschusses, sowie dass es ein Sitzungsentgeld für freiberuflich arbeitende Beiratsmitglieder geben muss. Ebenfalls herrschte grundsätzliches Einvernehmen über die Art der Teilnahme und den Turnus der Beiratssitzungen. Ein wichtiger Parameter, nämlich die Finanzierung der Arbeit des Beirats ist derzeit nicht gesichert, insbesondere die Finanzierung der Geschäftsstelle des Beirats, welche entscheidend ist, um die konstruktive und professionelle Mitarbeit des Beirats zu gewährleisten. Hier müssen Verwaltung und Politik versuchen, im nun schon fortgeschrittenen Prozess der Haushaltsverhandlungen nachzusteuern. Die folgenden Parameter wurden in der AG zunächst kontrovers diskutiert: Die Teilnahme an vertraulichen Tagesordnungspunkten, Stimmrecht, sowie Themenvorschlagsrecht.
Vorzugsvariante: Zivilgesellschaftlicher Beirat Steuerungsausschuss
Die folgende Variante zeichnet sich derzeit als Kompromisslösung ab, die von der AG Konzeptverfahren favorisiert wird: Struktur: Fünf Beiratsmitglieder, welche durch den Runden Tisch Liegenschaftspolitik für zwei Jahre benannt werden und sich aus den zivilgesellschaftlichen (ständigen und nicht ständigen) Mitgliedern des Runden Tisches Liegenschaftspolitik zusammensetzen. Der Beirat trifft sich rund um die Sitzungen des Steuerungsausschuss Konzeptverfahren und entsendet eine Person (und ein*e Vertreter*in) in den Steuerungsausschuss. Die freiberuflich arbeitenden Beiratsmitglieder bekommen eine Sitzungspauschale, welche sich an üblichen Entgelten orientiert. Der Beirat soll durch eine Geschäftsstelle flankiert werden, welche Grundsätzlich an der Koordinierungsstelle Runder Tisch Liegenschaftspolitik angegliedert sein kann. Diese Finanzierung ist, wie oben erläutert, nicht gesichert. Die Kompromisslösung sieht vor, dass der Beirat ein Themenvorschlagsrecht im Steuerungsausschuss hat, die Tagesordnung im Vorhinein zu den Sitzungen zugeschickt bekommt, dafür aber auf die Teilnahem an den vertraulichen Tagesordnungspunkten und ein Stimmrecht zunächst verzichtet. Der Beirat soll nach 1 bis 2 Jahren evaluiert werden. Eine Teilnahme an vertraulichen Tagesordnungspunkten und ein Stimmrecht soll im Rahmen dieser Evaluation erneut eruiert werden.
Letzte Schritte: Zeitschiene, Entscheidungen, Budget
Die Umsetzung der beiden hier ausgeführten Hauptforderungen der Werkstatt Konzeptverfahren soll noch im Jahr 2021 erfolgen. Konkret bedeutet dies die Ausschreibung der Informations- und Koordinierungsstelle sowie die Einrichtung des Beirats inkl. Geschäftsstelle. Neben den ausstehenden notwendigen Entscheidungen, etwa im Hauptausschuss, braucht es weiterhin den gemeinsamen Einsatz der Verwaltungen (SenFIN und SenSW) sowie der Politik um diese gemeinsam verhandelten und vereinbarten Ziele zu erreichen. Mit der Erfüllung der Forderungen wären nicht nur Kernforderungen des Runden Tisches Liegenschaftspolitik endlich umgesetzt, sondern ein wichtiger Schritt in Richtung Gremientransparenz getan.
Über den Autor
Dr. Martin Schwegmann, Architekt und Stadtforscher, Atelierbeauftragter für Berlin, seit 2012 im Lenkungskreis StadtNeudenken, Organisator der Werkstatt Konzeptverfahren 2019 des Runden Tisches Liegenschaftspolitik und Leiter der AG Konzeptverfahren.