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Im Gespräch mit Senator Dr. Kollatz zum Bodenfonds

  • kalinaagova
  • Jul 2, 2019
  • 3 min read

Die Initiative Stadtneudenken interviewte den Senator für Finanzen zum Thema Ankaufspolitik und zur Entwicklung von Strategien zum Ausbau des landeseigenen Liegenschaftsbestands im Sinne einer aktiven Liegenschaftspolitik.


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Foto: © Anno Dittmar


StadtNeudenken: Mit der Gründung der landeseigenen Bodenfonds GmbH und dem Bereitstellen von Mitteln im Haushalt 2020/21 wurde die Möglichkeit geschaffen, mehr Grundstücke und Liegenschaften zu erwerben. Mit Blick auf die leidvolle Geschichte des Ausverkaufs von Liegenschaften in Berlin in den letzten 30 Jahre, wo sehen Sie die Möglichkeiten einer dauerhaften strategischen Liegenschaftspolitik, die den Ankauf und das Halten auch über Legislaturperioden hinweg durchhalten kann?

Kollatz: Wir haben die Liegenschaftspolitik in den vergangenen Jahren entscheidend weiterentwickelt. Transparente Verfahren gewährleisten den langfristig-strategischen Umgang mit dem Liegenschaftsvermögen. In der laufenden Legislaturperiode hat der Berliner Senat dazu ein umfangreiches Programm für die Liegenschaftspolitik erarbeitet. Eine Säule stellt dabei die kürzlich erfolgte Gründung der Berliner Bodenfonds GmbH dar. Der Bodenfonds ermöglicht den Ankauf weiterer Grundstücke für flächenbezogenen Ziele des Landes Berlin, insbesondere zur Daseinsvorsorge sowie zur Sicherung langfristiger Stadtentwicklungsaufgaben. In dieser und schon in der vorangegangenen Legislaturperiode hat es ein Umsteuern beim Thema Verkauf gegeben: Weg vom Vorrang des Verkaufs und hin zur verstärkten Vergabe von Erbbaurechten. So werden Flächen auch für den künftigen Bedarf gesichert. Ein aufwendiges, aber sehr lohnendes Verfahren war zudem die sogenannte Clusterung, die vollständige Bestandsaufnahme aller Landesimmobilien. Zugleich wurden die Verfahren transparent gestaltet und die Zivilgesellschaft noch stärker in die Liegenschaftspolitik einbezogen. Dafür ist ja nicht zuletzt der Runde Tisch Liegenschaftspolitik ein gutes Beispiel.

StadtNeudenken: Mehrere Schweizer Kantone, u.a. Basel Stadt, haben Gesetze erlassen, mit denen der Verkauf kommunaler Liegenschaften grundsätzlich ausgeschlossen wird (bzw. nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig ist) und die Vergabe von Grundstücken ausschließlich mittels Erbbaurecht erfolgen soll. In Deutschland gibt es eine solche Gesetzesinitiative bisher nicht. Halten Sie es für richtig – auch im Sinne einer größeren Akzeptanz für das Instrument Erbbaurecht – in Berlin ein solches Gesetz zu erlassen? Und könnte dies das bodenpolitische Pendant zum Mietendeckel sein, wo doch die Bodenpreise die Hauptursache für den rasanten Anstieg der Mieten sind?

Kollatz: In Berlin gelten im Rahmen der Liegenschaftspolitik bereits beide Auflagen: Mit Ausnahme kleiner Arrondierungsflächen findet praktisch kein Verkauf landeseigener Flächen mehr statt. Und Grundstücke werden – soweit nicht selbst durch Land oder Bezirke genutzt, was meistens der Fall ist – fast ausschließlich im Erbbaurecht vergeben.

StadtNeudenken: Bei der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) bündeln sich eine Vielzahl von Aufgaben im Zusammenhang mit den landeseigenen Bodenreserven, neben der Bodenfonds GmbH als Ankaufsgesellschaft verwaltet sie das SODA, das SILB und das Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds, ist verantwortlich für Konzeptverfahren und Erbbaurechtsvergaben. Mit dem Ankauf und der Vergabe von Grundstücken werden bisher allerdings hauptsächlich die Bedarfe der Verwaltungen und der landeseigenen Gesellschaften bedient, private Akteure, z.B. Genossenschaften, können sich am dringend benötigten Wohnungsneubau nicht beteiligen, weil ihnen sprichwörtlich der Boden fehlt. Können Sie sich im Sinne einer transparenten Liegenschaftspolitik vorstellen, einen „Berliner Bodenbeirat“, z.B. als Stiftung öffentlichen Rechts, zu installieren, der paritätisch besetzt mit Parlamentariern, Vertretern aus Kultur, Sozialem, Wohnungsbau und der engagierten Zivilgesellschaft (z.B. vom Runden Tisch Liegenschaftspolitik) Kriterien für Grundstücksankauf und -vergabe entwickelt, Vorschläge zum Erwerb macht und die Ankaufspolitik (mit-)kontrolliert?

Kollatz: Ich hatte bereits das Clusterungsverfahren genannt. Es wird vom Portfolioausschuss wahrgenommen, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Fachverwaltungen, der Bezirke und der Finanzverwaltung. Technisch unterstützt wird der Prozess durch die BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). In diesem Prozess geht es ja gerade darum, dem bestehenden oder auch künftigen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, sozialer und kultureller Infrastruktur, Schulen, Kitas und Gewerbe oder auch an Raum für die Unterbringung geflüchteter Menschen zu entsprechen. Bei allen Flächenkonkurrenzen, die sich in einer wachsenden Stadt zwangläufig ergeben, will dieses transparente Verfahren ja gerade möglichst vielen Interessen gerecht werden.

Gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie der BIM haben wir zudem eine Genossenschaftsliste erstellt, mittels derer Grundstücke im Rahmen der Konzeptverfahren für Genossenschaften bereitgestellt werden. Sie verfolgt das Ziel, Grundstücke auch an Akteure bereitzustellen, die am freien Markt aufgrund der hohen Bodenpreise und der starken Konkurrenz seltener zum Zuge kommen. Die Frage, wie die Zivilgesellschaft sinnvoll in die Ankaufspolitik einbezogen werden kann, wird gerade in den Senatsverwaltungen, dem Abgeordnetenhaus und nicht zuletzt am Runden Tisch diskutiert.

StadtNeudenken: Verwaltungstechnisch wird Boden als Vermögen und weniger als gesellschaftliche, für die Stadtentwicklung relevante Ressource behandelt. Dies spiegeln auch die Zuständigkeitsverteilungen zwischen den Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung. Wie stellen Sie sich vor, die stadtentwicklungspolitische Bedeutung von Ankauf und Erbbaurechtsvergabe gegenüber vermögensrelevanten, haushalterischen Interessen zu stärken? Gehört Bodenpolitik nicht in die Zuständigkeit der Stadtentwicklung?

Kollatz: Die Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Finanzen reflektiert, dass der Besitz von Grund und Boden ganz überwiegend für die Zwecke des Landes und der Bezirke erfolgt – vom Grunewald bis zum Roten Rathaus. Auch deshalb halten wir die jetzige Aufteilung für sinnvoll und angemessen. Sie gibt unterschiedlichen Perspektiven und Aspekten nicht nur Raum, sondern legitimiert diese auch. Außerdem erfolgen alle Grundstücksgeschäfte stets in enger Abstimmung zwischen den zuständigen Verwaltungen, z.B. im Portfolioausschuss oder dem Steuerungsausschuss Konzeptverfahren.



 
 
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