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Berliner Bodenfonds: Ergebnis eines Jahrzehnts der Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik

  • kalinaagova
  • Jun 1, 2019
  • 4 min read

Weg vom Verkauf, hin zur strategischen Flächensicherung. So hat sich im vergangenen Jahrzehnt die boden- und liegenschaftspolitische Linie der Berliner Politik entwickelt. Sven Heinemann, Vermögenspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, blickt zurück auf gut 10 Jahre Liegenschaftspolitik mit SPD-Beteiligung, die er seit 2011 mitverantwortet. Neben offenen Fragen zum Bodenfonds fragt er nach weiteren Flächen bundeseigener Unternehmen, wie der Deutschen Bahn.


Ein Beitrag von Sven Heinemann (SPD)


Inzwischen kann Berlin auf fast ein Jahrzehnt der Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik zurückblicken: Denn nachdem das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der damaligen Koalition aus SPD und Linkspartei im Sommer 2010 erste Schritte zur Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik auf den Weg gebracht hat, verfolgt die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus seit fast zehn Jahren konsequent mit den verschiedenen Koalitionspartnern eine neue Liegenschaftspolitik – die Verkaufspolitik vergangener Jahre ist inzwischen weitgehend eingestellt. In der Praxis bedeutet das, dass fast ausnahmslos nur noch Arrondierungsflächen oder Splitterflächen, meist Vermessungsreste, überwiegend an die Eigentümer*innen der angrenzenden Grundstücke verkauft werden. Diese Verkäufe sind auch weiterhin sinnvoll, um als Land von der Sicherungspflicht entbunden zu werden und um Kosten für den Unterhalt dieser selbständig nicht nutzbaren Flächen zu sparen.


Bereits seit der Koalition von SPD und CDU von 2011 bis 2016 werden alle Vermögensgeschäfte des Senats im Parlament mit Blick auf die Halte- und Entwicklungsstrategie in der Liegenschaftspolitik kritisch hinterfragt und begleitet. Ebenso im Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds und des 2016 geschaffenen Sondervermögens für Grundstücke der Daseinsvorsorge (SODA). In den beiden Kontrollgremien sind Mitglieder des Senats sowie des Abgeordnetenhauses, der Bezirkspolitik sowie der Wirtschaft vertreten.



„Heute werden landeseigene Grundstücke, anders als noch bis in das erste Jahrzehnt der 2000er Jahre, nicht mehr verkauft. Vielmehr werden sie für eine nachhaltige soziale Stadtentwicklungspolitik eingesetzt oder für künftige Entwicklungen im Landesvermögen gehalten.“

Sven Heinemann


In der letzten und aktuellen Legislaturperiode haben die Koalitionen immer wieder Grundstücksgeschäfte des Senats nicht akzeptiert und zurückgewiesen. So etwa an der Rummelsburger Bucht in Friedrichshain und in Lichtenberg, wo aktuell landeseigene Wohnungen entstehen oder sogar schon bezugsfertig sind. Ähnliche Fälle, in denen das Abgeordnetenhaus anders entschied, gibt es auch in anderen Bezirken oder mit Blick auf die Grundstücke landeseigener Betriebe. Dieses Handeln des Parlaments, zu dem sich die SPD-Fraktion ganz klar bekennt und ihren Beitrag leistet, zeigt deutlich: Heute werden landeseigene Grundstücke, anders als noch bis in das erste Jahrzehnt der 2000er Jahre, nicht mehr verkauft. Vielmehr werden sie für eine nachhaltige soziale Stadtentwicklungspolitik eingesetzt oder für künftige Entwicklungen im Landesvermögen gehalten. Priorität hat dabei für die SPD-Fraktion der dringend benötigte Wohnungsneubau und die damit verbundene Schaffung der entsprechenden sozialen Infrastruktur, etwa für Schulen und Kitas oder soziale Einrichtungen. Aber auch für künftige Wirtschaftsansiedlungen und Infrastrukturprojekte, etwa für neue Betriebshöfe der BVG, werden landeseigene Flächen zur Verfügung gestellt.


Inzwischen schon seit fast einem Jahrzehnt kaufen das Land Berlin oder die landeseigenen Gesellschaften auch vermehrt für die mittelfristige bis langfristige Entwicklung der Stadt wieder Vermögen an. Beispielsweise hat die Wohnungsbaugesellschaft Mitte im Jahr 2013, noch unter der Aufsicht des damaligen Stadtentwicklungssenators und heutigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, das Friedrichshainer Wohnensemble am Bersarinplatz, die sogenannten „GECKO-Häuser“, zurückgekauft. So wurden schon damals rund 350 Mieter*innen vor Spekulanten geschützt. Bereits seit diesem Zeitpunkt kaufen alle Wohnungsbaugesellschaften einzelne Mietshäuser oder Grundstücke in den Kiezen an. Allein in 2019 und 2020 wurde insgesamt 30 Mal das Vorkaufsrecht zugunsten landeseigener Wohnungsbaugesellschaften ausgeübt und es konnten rund 15 000 Wohnungen angekauft werden. Im Dezember 2020 hat das Abgeordnetenhaus weitere Gelder im Rahmen des zweiten Nachtragshaushalts hierfür zur Verfügung gestellt.


„Alleine innerhalb des S-Bahn-Rings gibt es einige Grundstücke mit einer Größe zwischen 50.000 und 100.000 Quadratmetern, bei denen sich vielleicht künftig eine Kaufgelegenheit für das Land ergibt.“

Sven Heinemann


Im Sommer 2020 hat die Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei den nächsten konsequenten Schritt für eine nachhaltige und soziale Stadtentwicklungspolitik gemacht und für künftige kreditfinanzierte Grundstücksankäufe die Berliner Bodenfonds GmbH gegründet. Mit einer ersten Kreditermächtigung von rund 300 Millionen Euro soll aktive Grundstücksvorsorge betrieben und eine Reserve für künftige Generationen aufgebaut werden. Als Tochtergesellschaft der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) soll die Berliner Bodenfonds GmbH strategische Grundstückankäufe tätigen. Die erworbenen Grundstücke sollen mit Erbbaurechts-, Pacht- oder Mietverträgen unmittelbar mit dem Nutzen-Lastenwechsel entgeltlich an das Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin (SILB), das Sondervermögen für Daseinsvorsorge und nicht betriebsnotwendige Bestandsgrundstücke des Landes Berlin (SODA), das Anmietvermögen oder die Bezirke weitergegeben werden. Die Grundstücksreserve dient dem Ziel, Flächen für den Wohnungsbau und die Daseinsvorsorge vorzuhalten. Das Abgeordnetenhaus hatte 2019 beschlossen, dass der Senat wegen knapper Flächen und steigender Bodenpreise die Voraussetzungen für strategische Flächenankäufe schaffen soll.


Alleine innerhalb des S-Bahn-Rings gibt es einige Grundstücke mit einer Größe zwischen 50.000 und 100.000 Quadratmetern, bei denen sich vielleicht künftig eine Kaufgelegenheit für das Land ergibt. Darunter auch einige ehemalige Bahnflächen, die bereits vor zwei Jahrzehnten vom Bund privatisiert wurden, auf denen die Entwicklung aber nicht weitergeht. Auf Initiative der vermögenspolitischen Sprecher*innen der Regierungsfraktionen im vergangenen Jahr verhandelt der Senat aktuell auch mit der Deutschen Bahn über den Ankauf von rund 50 Liegenschaften mit einer Gesamtfläche von 350.000 Quadratmetern in acht Berliner Bezirken. Auch bei weiteren Vermögen des Bundes sind für die künftige Stadtentwicklung interessante Grundstücke vorhanden.


Mit Blick auf den Bodenfonds ist aus Sicht der SPD-Fraktion noch in dieser Legislaturperiode zu klären, wie und zu welchen Konditionen Liegenschaften an Dritte zur Nutzung vermietet oder verpachtet werden können. Die Kontrolle des Bodenfonds soll genauso erfolgen wie beim SODA-Vermögen und beim Liegenschaftsfonds. Zusätzlich soll ein eigenständiger Beirat den Bodenfonds beraten. Unbenommen von diesen noch zu klärenden Fragen ist es aber richtig und wichtig, dass sich Berlin mit dem Bodenfonds bereits weiter strategisch aufgestellt hat. Denn es bleibt dabei: Berlins Entwicklung ist auch in Zukunft nur schwer berechenbar – strategische Flächenankaufe durch das Land Berlin bleiben weiterhin notwendig.



Über den Autor


Sven Heinemann

Vermögenspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus


Foto: SPD Berlin/ Joachim Gern

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