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Berliner Bodenfonds: Ein Anfang mit offenem Ende

  • kalinaagova
  • Jul 1, 2019
  • 4 min read

Mit der Gründung des BBF auf Betreiben des rot-rot-grünen Senats wurde ein guter Anfang für eine nachhaltigere Boden- und Liegenschaftspolitik des Landes Berlin gemacht. Doch die Konstruktion hat aus Sicht der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus noch Schwächen. Wie kann es gelingen – unter Mitwirkung der Berliner Zivilgesellschaft und Politik – ihn zu einem städtischen Bodenfonds auszugestalten, der diesen Namen auch verdient?


Ein Beitrag von Daniel Wesener und Katrin Schmidberger (beide Bündnis 90 / die Grünen)


Im August 2020 war es endlich soweit: Auf Betreiben des rot-rot-grünen Senats und mit den Stimmen der Regierungskoalition wurde die Berliner Bodenfonds GmbH (BBF) als hundertprozentige Tochtergesellschaft der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) ins Leben gerufen. Infolge einer Kapitalzuführung von knapp 300 Millionen Euro in 2020/21 an die BIM, und ausgestattet mit Kreditmitteln der Investitionsbank Berlin (IBB), ist der Bodenfonds nicht nur das jüngste, sondern wohl auch das effektivste Instrument einer aktiven Berliner Boden- und Liegenschaftspolitik.




Er ermöglicht einer Stadt, die ihr Immobilien-Tafelsilber einst verkauft und der heutigen Bodenspekulation – trotz wachsender Flächenbedarfe der öffentlichen Hand – bislang wenig entgegenzusetzen hat, eine strategische Ankaufspolitik und Flächenbevorratung. Zumal der BBF im Gegensatz zu seinem Vorläufer, dem rot-rot-grünen Ankaufsfonds, über eine eigenständige Rechtsform und eigene Kreditmittel verfügt. Ende gut, alles gut? Nein, allenfalls ein Anfang.

„Eine ebenso dauerhafte Sicherung wie nachhaltige Bewirtschaftung von öffentlichem Grund und Boden ist zwar intendiert, aber keineswegs garantiert.“

Katrin Schmidberger & Daniel Wesener


Um besser zu verstehen, warum der BBF neben vielen Vorteilen auch diverse Defizite und Limitationen aufweist, muss man sich seine Konstruktion und Funktionsweise anschauen. Im Kern handelt sich um eine öffentliche Zweckgesellschaft zum kreditfinanzierten Ankauf von bebauten und unbebauten Liegenschaften in Berlin.


Die notwendigen Mittel werden von der IBB bereitgestellt und sind Teil eines sogenannten Extrahaushalts, die Kreditermächtigung wird wiederum vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen. Anders als der Name vermuten lässt, ist der BBF aber nur der nominelle Eigentümer der Liegenschaften, bewirtschaftet diese aber nicht in einem eigenen Portfolio. Stattdessen werden die Grundstücke und Immobilien unmittelbar nach ihrem Ankauf an die Berliner Sondervermögen SILB (Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin) und SODA (Sondervermögen für Daseinsvorsorge) oder die bezirklichen Fachvermögen weitergegeben bzw. vermietet. Über diese können dann wiederum Untermietverträge mit Drittnutzern abgeschlossen werden. Mittels der jeweiligen Miete sollen dann unter anderem die Zins- und Transaktionskosten des BBF refinanziert werden. Die zentrale politische wie operative Akteurin ist bei jedem dieser Schritte die Senatsverwaltung für Finanzen: Sei es als einzige Gesellschafterin der BIM und deren BBF-Tochter, sei es als oberste Aufsichtsbehörde für die Berliner Sondervermögen sowie die gesamte Finanz- und Haushaltsplanung des Landes.




Die oben beschriebene Mechanik zeigt: Von einem Bodenfonds im herkömmlichen, idealtypischen Sinn ist der Berliner Bodenfonds noch meilenweit entfernt. Eine ebenso dauerhafte Sicherung wie nachhaltige Bewirtschaftung von öffentlichem Grund und Boden ist zwar intendiert, aber keineswegs garantiert. Daran dürfte sich auch so lange nicht ändern, bis eine Privatisierungsbremse in die Landesverfassung eingezogen wird – wofür der aktuellen Regierungskoalition bekanntlich nicht der politische Willen, sondern die notwendige parlamentarische Mehrheit fehlt.


„Wenn der BBF nicht zu einer Blackbox und zum reinen Transmissionsriemen der finanzpolitischen Agenda wechselnder Landesregierungen werden soll, bedarf es deutlich mehr Transparenz, Öffentlichkeit und (parlamentarischer) Kontrolle.“

Katrin Schmidberger & Daniel Wesener


Kritikwürdiger ist das BBF-Modell von Senat und Finanzverwaltung hinsichtlich seiner politischen Steuerung und Aufsicht. Gerade weil der Berliner Boden und die verfügbaren Finanzmittel für Ankäufe naturgemäß limitiert sind, ist die Frage welche Liegenschaften für welche Nutzungen und infolge welcher politischen Prioritätensetzung letztlich erworben werden, eine ganz entscheidende. Zumal es sich bei den gesellschaftlichen Entwicklungen und Bedürfnissen, die der jeweiligen Entscheidung zugrunde liegen, wie bei jeder Form von „Stadtentwicklung“, bekanntlich um dynamische Prozesse handelt. Wenn der BBF nicht zu einer Blackbox und zum reinen Transmissionsriemen der finanzpolitischen Agenda wechselnder Landesregierungen werden soll, bedarf es deutlich mehr Transparenz, Öffentlichkeit und (parlamentarischer) Kontrolle. Eine notwendige Konsequenz wäre, den vorhandenen Aufsichtsgremien einen Beirat zur Seite zu stellen, der mit zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik besetzt ist. Unabdingbar ist ein unabhängiges Berichtswesen, einschließlich einer regelmäßigen Aktualisierung und politisch-öffentlichen Debatte der konkreten BBF-Geschäftspolitik, damit sich in dieser auch die Interessen der Berliner Zivilgesellschaft, anderer Fachressorts sowie der Berliner Bezirke widerspiegeln.


Entscheidend für den Erfolg eines Berliner Bodenfonds sind zudem seine immobilienwirtschaftlichen Konditionen und bodenpolitischen Zwecke. Die vollständige Übertragung des Mieter-Vermieter-Modells der BIM auf den BBF und dessen Begrenzung auf öffentlich-institutionelle Vertrags- und Kooperationspartner*innen greift deshalb deutlich zu kurz. Gleiches gilt für die Fixierung auf relevante kalkulatorische Faktoren wie die ortsübliche Vergleichsmiete oder marktorientierte Wertermittlungsverfahren. Auch beim Thema „Vergabe in Erbbaurecht“ braucht es dringend eine Öffnung, sowohl hinsichtlich der Möglichkeit als solcher, als auch bei der Ermittlung der Erbpacht-Konditionen wie Laufzeit und Zins. Anderenfalls dürfte der BBF als Instrumentarium für die Schaffung bzw. den Erhalt nicht-kommerzieller Nutzungen, sozialer und ökologischer Projekte oder urbaner Freiräume auf absehbare Zeit ausfallen.


Mit der Gründung des BBF wurde ein Anfang gemacht. Nun liegt es an uns, der Berliner Zivilgesellschaft und Politik, ihn zu einem städtischen Bodenfonds auszugestalten, der diesen Namen auch verdient.


 

Über die Autoren


Katrin Schmidberger

Sprecherin für Mieten und Wohnen der Fraktion und Sprecher für Kultur und Haushalt der Fraktion Bündnis 90 / die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus












Daniel Wesener

Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion und Sprecher für Kultur und Haushalt der Fraktion Bündnis 90 / die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus

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